Musiker David Hasert lebt seit 2003 in Köln und hier fast durchgehend im belgischen Viertel. Der international gebuchte DJ, Label-Betreiber und Booker des Nachtclubs Reineke Fuchs erzählt im Interview, was er an seinem Veedel so sehr schätzt.
Warum lebst du im belgischen Viertel und welche Ecken gefallen dir besonders gut?
Das Belgische ist wie mein Wohnzimmer. Ich treffe überall viele, viele Freunde, die Wege sind kurz und es ist auf seine Art gemütlich. Besonders gerne bin ich am Aachener Weiher und natürlich am Brüsseler Platz. Da steht der blaue Bus von meinem Freund Martin, in dem wir gerne mal zu zehn Leuten rumhängen, Weißweinschorle trinken und über Touristen meckern.
Wie würdest du den Stil des Viertels beschreiben?
Der Prenzlauer Berg von Köln: einerseits ist hier „Hipsterhausen“, es macht ein veganer, glutenfreier Laden nach dem anderen auf; es ist ein bisschen posh, aber trotzdem bekommt man immer viel neuen Input. Es gibt viele Ausstellungen und schöne Veranstaltungen.
Gibt es sowas wie einen typischen Sound?
Der Sound hier ist schon überwiegend elektronisch, wobei jetzt auch wieder mehr Hip Hop kommt. Es gibt viele Szenen innerhalb der Szene. Es ist nicht mehr so wie früher, dass, egal wo du hingehst, derselbe Sound läuft, und das ist auch gut so.
Welche Clubs und Bars würdest du empfehlen und was erwartet den Besucher dort musikalisch?
Im Reineke Fuchs erwarte ICH sie zum Beispiel am 11.11.! – Wir haben den Techno-Karneval wiederaufleben lassen. Seit vier Jahren gibt es am 11.11. eine 24 Stunden-Party, mit Kostümen und elektronischer Musik.
Ein neuer Hotspot ist ganz klar die Tausend Bar – super Musik, es geht bis in den Morgen und der Sound ist nicht zu kommerziell. Das Acephale hat ein bisschen die Vibes vom ehemaligen Stecken; Barracuda Bar und Sixpack gehen auch immer und natürlich das Gewölbe.
Das Roxy ist ein Klassiker und Inhaber Tobias Becker macht viel für die Szene. Überhaupt ist die Stimmung der Läden untereinander insgesamt gut.
Du veranstaltest seit zehn Jahren Partys im Subway, Reinecke Fuchs und in Odonien. Was hat sich in der Zeit verändert?
Das Publikum ist nicht älter geworden. Ich schon! (lacht)
Was ist das Beste am Älterwerden?
Das man sich nicht mehr so ernst nimmt, man ist lockerer. Die Sachen gehen einen nicht mehr so an. Bei Auftritten bin ich zum Beispiel nicht mehr ganz so nervös.
Außerdem lebe ich gesünder: statt Bier gibt’s jetzt öfter mal einen Smoothie, statt zur After Hour gehe ich zum Sport. Man eskaliert ausgesuchter.
Wo trifft man dich an einem Sonntag Nachmittag?
Im HealthCity bei Nicky oder Chelsey; im Bett mit Mrs. Netflix, oder mit Hund im Stadtgarten.
Hast du ein Lieblingsrestaurant?
Tagsüber gehe ich gerne ins Spatz oder Ni Hao, abends ins Bali und Bonjour Saigon.
Was ist das Beste an deinem Job?
Ich lebe meine Leidenschaft und bin mein eigener Chef.
Was sind die Schattenseiten?
Die Struktur fehlt, die musste ich mir selber schaffen. Es gibt zum Beispiel keinen Feierabend.
Du wirst weltweit als DJ gebucht. Wie unterschiedlich ist das Publikum von Stadt zu Stadt?
Je multikultureller die Stadt, desto universeller das Musikverständnis. Ich bin immer wieder überrascht von der ganz eigenen Underground-Szene jeder Stadt. Von Tel Aviv war ich zum Beispiel völlig geflasht!
Gibt es ein spezifisches Köln-Publikum? Und wenn ja, was macht es aus?
Es gibt verschiedene Lager. Die „früher war alles besser“ Shuffle-Stampfer, die intellektuellen „ich-kenn-mich-besser-aus-als-du-von-Ambient-bis-Krautjazz“-Fraktion und ein riesen großes Publikum bei dem alles Elektro heißt.
Die ganzen straighten Techno Raver aus Ehrenfeld sind ein bisschen wie die Berliner. Außerdem gibt es eine kleine aufstrebende House-Szene, eng an Hip Hop. Die Kölner Drum and Bass-Szene ist sehr spannend; Gourski zum Beispiel ist super und dann noch tausend Sachen von denen ich keine Ahnung habe.
Was fehlt dir hier im Veedel?
Eine neue Bar würde nicht schaden.
Interview und Foto: Jennifer Fey